Hans Jorda
Youngtimer Profi
Meine Motorradgeschichtehan
Fig.1
Es muss Anfang der siebziger Jahre - ich weiß noch genau, dass Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison leider in kurzer Abfolge damals starben - gewesen sein. Ich war 14 und besuchte erstmals alleine meine dänische Großmutter in Kopenhagen. Ich erinnere mich daran, als ob es gestern wäre – ich stand vor einem Motorradgeschäft, in der Auslage die brandneue Kawasaki 350, 3 Zylinder, angeblich 45 PS, und ein Design zum Niederknien. Das für mich erste Motorrad mit so einem Entenbürzel, rot, noch Trommelbremse vorne, angeblich 13.6 Sekunden für die ¼ Meile (war ein amerikanischer Prospekt), unglaublich schön. Als ob ein (Motorrad) Blitz bei mir eingeschlagen hätte. Ab diesem Moment war ich schwer motorradinfiziert, und ich „leide“ bis heute an dieser wunderschönen Krankheit.
Wie ich erst später von meinem Vater erfahren habe - ich bin von Kopenhagen zurückgekommen und hatte nur mehr Motorrad im Kopf und erzählte natürlich meinen Eltern davon – war es wohl weniger ein plötzlicher Virus, sondern in Wahrheit genetische Veranlagung. Mein Großvater väterlicherseits baute in den dreißiger Jahren zum Entsetzen meiner Großmutter ganze Motorräder in ihrer Küche zusammen. Mein Großvater mütterlicherseits kaufte sich im Jahr 1932 eine vier Jahre alte Einzylinder Harley Davidson - es gibt ein Photo, auf welchem ich mit ca. zwei Jahren ganz stolz am Tank sitze und mich am Lenker der Harley festhalte – mit welcher er bis zu seinem leider frühen Tod 1962 unterwegs war. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich als damals fünfjähriger mit Händen und Füssen verhindern wollte, dass man das fahrbereite Motorrad einem Schrotthändler übergab und dazu noch Geld dafür bezahlte, heute wäre sie ein kleines Vermögen wert. Auch mein Vater kaufte sich von seinem ersten selbst verdienten Geld eine türkisblaue Puch 150. Es gibt heute noch Photos, wo man ihn im „Hanging Off“ Stil beim Höhenstraßenbergrennen sieht; er behauptete immer, er sei der eigentlich Erfinder der „Knie raus“ Technik gewesen. Die Wahrheit war vielmehr, dass er gar nicht wusste, wo er seine langen Beine (er war 192cm groß) unterbringen sollte. Man sieht, ich konnte gar nicht anders als mich in Motorräder zu verlieben!
Fig.2
Nach zwei endlosen Jahren, verbotenerweise auf dem KTM Hobby II meiner Mutter unterwegs, konnte ich meinen 16ten Geburtstag kaum erwarten. Ich habe alle meine Ersparnisse plus Zuschüsse meines Vaters benötigt, um mir eine silberblaue Honda SS 50 zu kaufen. Die Fahrt von der Nussdorferstraße (Fa. Faber) erstmals mit einem fünf Gang Moped (mit meinem Vater im Auto im Schlepptau), ist mir noch in bester Erinnerung, den “Give away“ Alu-Kamm mit der Aufschrift „Honda“ habe ich heute noch. Die Enttäuschung war allerdings groß, denn das Moped war dermaßen gut gedrosselt, es ging nur heiße 42,5 km/h, also rund 10 km/h langsamer als das Automatikmoped meiner Mutter; nach dem Umbau des Schwungrades auf die getunte Version, waren dann wenigstens knapp über 80 langliegend drin. Als die damals neuen deutschen, schnellen Mopeds (Maico, Kreidler, Zündapp, Herkules) aufkamen, wurde die Honda sofort in eine grauenhaft orangene, mit entsetzlichen „Wasseruhren“ Armaturen ausgestattete, gebrauchte Zündapp „watercooled“ eingetauscht, aber die ging dafür knappe hundert!
Führerschein so früh wie möglich gemacht, wieder alle Ersparnisse zusammengetragen, damit ging sich gerade noch eine gebrauchte 350 RD Yamaha aus; gekauft in der Schanzstraße bei Frau Holzeis, eine heute noch sehr attraktive, blonde Dame, die uns Jungs damals allen die Augen verdreht hat (ihr Mann möge es uns verzeihen). Eigentlich hätte es ja eine Kawa 350 (siehe Kopenhagen) werden sollen, aber erstens war man bei Ford Hinteregger sehr unfreundlich (was bis heute noch in vielen Autohäusern so ist, die so nebenbei Motorräder verkaufen) und zweitens hatte im deutschen „Das Motorrad“ – österreichische Motorradmagazine gab es noch lange keine – die Yamaha die Kawa in einem Vergleichstest um Längen geschlagen. Lustigerweise erinnert man sich heute noch an viele alte Testberichte, welche man damals als eine Art Bibel richtiggehend verschlang, so, als ob sie gerade erschienen wären.
Während meines gähnend langweiligen Jusstudiums verdiente ich mein Geld natürlich in der Motorradindustrie; Ferialjobs bei Jamoto in der Werkstatt und auf deren Messestand brachte mich erstmals mit den damaligen Größen der 2 Rad ?ranche zusammen; die Brüder Porsche, der damalige Geschäftsführer Strasser, der Chef der Werkstatt Olbrich, Holzeis, Pratzer, Wernegger, mit vielen bin ich bis heute noch gut befreundet.
Als fahrbare Untersätze dienten natürlich zunächst nur Yamahas; als quasi Mitarbeiter bekam man einen Mitarbeiterrabatt, aber selbst damit waren einige Traumbikes unerreichbar. Statt einer TX 750 kam eine weitere RD, eine 400 (wo sind die alle geblieben?), dann eine (enttäuschende, weil schwer und langsam, aber schön) XS 500, wieder eine RD 400 und als diese von einem meiner besten Freunde in einem Frontalcrash nachhaltig zerstört wurde, mein erstes richtiges Traummotorrad, eine italienische „kleine Ducati“, eine Moto Morini 3 ½ Sport, rot wie die Sünde, laut aber für ein italienisches Motorrad überraschend wenig kapriziös.
Meine Ferialjobs absolvierte ich nunmehr bei der Firma Obrecht, wo der Sohn des Hauses, Karl, ein kleines, feines Motorradgeschäft in der Postgasse im ersten Bezirk führte. Sehr schnell merkte ich, dass mir Schaufenster dekorieren, Gehsteig waschen, Ersatzteile verwalten, Verkaufgespräche führen sehr viel mehr Spaß machte als mein Jusstudium und mein Gerichtsjahr.
Fig.3
Dies war ein sehr einschneidendes Kennenlernen vor genau 30 Jahren, 1977. Es entwickelte sich mit Karl Obrecht eine bis heute andauernde, tiefe Freundschaft, welche schließlich auch nunmehr zur Gründung der Firma Deus Moto führte. Der Kreis hat sich geschlossen. Mein Bekanntenkreis in der Motorradbranche weitete sich weiter aus, Erich Glavitza, Ulli Leitner, Roland Berger, Faber senior, Wöhrer, Krakowitzer, Ehn, Bahmer, Bobek und wie sie allen heißen. Man könnte (und sollte) ein Buch über all diese tollen Persönlichkeiten schreiben.
Es kam wie es kommen musste; nach meinem Studienende kontaktierte mich Herr Strasser, der von Jamoto zu BMW gewechselt hatte und offerierte mir den Job eines BMW Motorradverkaufleiters, den ich natürlich sofort annahm. Die tolle Ausbildung in einem Weltkonzern, sowie die Persönlichkeit Herrn Strassers haben mich nachhaltig positiv in meiner Berufslaufbahn geprägt und meinen Motorradfreundes und Bekanntenkreis noch weiter ausgedehnt (die Ginzingers, Büchelhofer, Pollak, Denzel senior und junior, Stipper, Vacano, Mähr senior und junior, Krug, Zeller, Braumandl….und noch viele mehr). Das Beste an BMW war natürlich das Kennerlernen meiner Frau Hiki (Hildegard), die damals als Assistentin der Geschäftsleitung bei BMW arbeitete und die mir fünf wundervolle Kinder schenkte.
Ab 1984 wechselte ich beruflich eigentlich durch einen reinen Zufall in die Beraterbranche zur Firma Neumann. Bis zum heutigen Tag verdiene ich mein Geld hauptberuflich als Personalberater (siehe Lebenslauf), welches ich für meine Motorradleidenschaft ausgebe. Ein kurzes Intermezzo als Mitgesellschafter des österreichischen Ducati Importeurs war nach anfänglich tollen Ergebnissen bedingt durch (zu) rasches Wachstum, unglückliche Partnerwahl und Zusammenbruch der Wirtschaft 9/11 nicht nur von Erfolg gekrönt, ein Umstand, welcher mich bis heute sehr schmerzt; ich selber wechselte hauptberuflich wieder in die Personalberaterbranche und habe noch mitgeholfen, die Firma BLM an den heutigen Eigentümer März zu verkaufen und damit deren Weiterleben nachhaltig abzusichern.
Als Überbleibsel verblieb ich bis zum heutigen Tag als Mitgesellschafter in der ursprünglichen von mir als BLM St. Pölten gegründeten Harley/KTM Filiale, in welcher unser Geschäftsstellenleiter Herr Schagerl alle Verkaufsrekorde bricht.
Als Motorräder begleiteten mich im Laufe der Jahre unter anderem eine Moto Morini 500, eine BMW G/S 800, eine Ducati 900 MHR (gekauft mit Sondergenehmigung von Herrn Strasser vom ersten bei BMW verdienten Geld, hab ich heute noch, ca 33000 km, wie neu), die letzte Yamaha RD 350, Ducati 916 und 998 R, ST 2, und einige mehr.
Ende der neunziger Jahre sah ich bei einem Besuch bei Ginzinger Weng eine Moto Guzzi Nuovo Falcone, verliebte mich sofort und begann von da weg, „Youngtimer“ zu sammeln. Zu meiner heutigen kleinen Sammlung (teilweise bei Deus Moto zu besichtigen) zählen ein paar ausgewählte 2 Takter (schade, dass man so was heute nicht mehr kaufen kann) wie zwei 3 Zylinder Kawasakis (spät aber doch!), eine Suzuki Wasserbüffel GT 750 und eine Suzuki Gamma, ein paar alte Morinis, Guzzis (Le Mans 1, ein auch nach heutigen Maßstäben phantastisches Motorrad) und Ducatis (1 Zylinder Königswellen 350 Desmo und Scrambler und die erste V2 GT 750).
Fig.3
Ganz besonders stolz bin ich auf das sogenannte „Alu-Monster“, ein kleiner Traum einzelangefertigt von einem Künstler beheimatet in Udine (eig. Bericht + Photos folgen). Wir werden dieses Motorrad auf einem Ehrenplatz bei Deus Moto präsentieren.
Was den Umfang dieser kleinen Geschichte völlig sprengen würde sind die unzähligen Freunde und Bekannten, die ich durch das Hobby/den Beruf Motorrad getroffen habe. Es ist unglaublich, wie es einem die Materie Motorrad ermöglicht, weltweit die nettesten Menschen kennen zu lernen. Es stimmt schon, was Honda in ihrer preisgekrönten Kampagne beworben hat und ich nur ganz leicht adaptieren möchte:
„You find the nicest people on a Motorcycle – you find the nicest Motorcycles at DeusMoto”
Hans Jorda